Bevor ich mit den Überlegungen zum Prinzip von Stoffwechselkrankheiten weiterfahre, möchte ich einen Beitrag einschieben zum Verhalten bei einem Anfall. Wie man sich in dieser Situation richtig verhält, ist sicher eine der brennendsten Fragen, die man als Halter hat. Beim ersten Krampfanfall meines Hundes, der mich völlig unerwartet erwischte, war ich auch nicht darauf vorbereitet, wie ich mich verhalten sollte. Und ich weiß, daß es noch mehr Haltern so geht beim ersten Anfall, vor allem denen, die sich vorher noch nie mit dem Thema beschäftigt haben. Man lernt dann den Umgang besser mit jeder neuen Information, die man bekommt, und mit jedem neuen Anfall, den man mit dem Hund durchlebt. Man macht Erfahrungen. Und die meinigen möchte ich hier teilen.
Zu Beginn wird man praktisch kalt erwischt, aber mit der Zeit lernt man, die Anzeichen eines Anfalls zu deuten. Bevor der Hund richtig anfängt zu krampfen, sieht man schon an Vorzeichen, daß ein Anfall kommt. Zu diesen Vorzeichen gehört zum Beispiel, daß der Border extrem schmusig wird und sich beispielsweise an die Füße anschmiegt. Ein anderes ist, daß er sich sehr oft über die Nase leckt oder an den Pfoten knabbert oder ähnliches. Mit ein wenig Erfahrung kann man an solchen Vorzeichen, die wahrscheinlich auch von Hund zu Hund etwas verschieden sein können, erkennen, daß ein Anfall naht.
Wenn man schläft (Krampfanfälle treten zu jeder Tages- oder Nachtzeit auf), kann es sein, daß man bereits jetzt aufwacht. Ich selber habe in der Hinsicht eine ähnliche Sensibilität entwickelt wie eine Mutter, die ein Neugeborenes zu Hause hat. Man wacht auf, wenn sich ein Anfall anbahnt.
Egal, ob man den Anfall kommen sieht oder direkt von ihm erwischt wird, sollte man jedoch nicht in Panik verfallen. Das hilft dem Hund nicht. Man sollte Ruhe bewahren, auch wenn es schwerfällt, und den Hund nicht zusätzlich durch Streß und Panik belasten. Wichtig ist, bei einem Anfall dafür zu sorgen, daß er sich nicht verletzen kann. Bei CECS-Anfällen kommt es häufiger dazu, daß die Gliedmaßen des Hundes krampfen und er diese nicht mehr richtig unter Kontrolle hat. Er versucht vielleicht zu laufen, kippt aber um, weil sie krampfen. Außerdem kann sich der ganze Körper durch den Krampf ungewollt vom Platz wegbewegen. Deshalb darauf achten, daß sich der Hund während eines Anfalls nicht auf einer erhöhten Position befindet, von der aus er herunterfallen und sich verletzen kann.
Ich selber rede dann ruhig mit meinem Hund, erzähle ihm, daß ich für ihn da bin. Möglicherweise kommt das gar nicht bei ihm an (der Inhalt der Worte ja sowieso nicht), aber es ist für einen selber eine beruhigende Maßnahme. Manchmal hat mein Hund seinen Anfall in seinem Körbchen oder in seiner immer offen stehenden Textilbox. Dann lasse ich ihn dort krampfen, weil er dort geschützt ist, und streichle ihn nur. Wenn er seinen Anfall auf seinem Lieblingsplatz, der Fensterbank, bekommt, hole ich ihn sicherheitshalber von dort herunter und nehme ihn in die Arme. Man muß allerdings auch dabei vorsichtig sein, die Krämpfe nicht behindern. Ich lasse ihn dann auskrampfen, und danach ruht er sehr gern noch länger in meinen Armen aus.
Sollte der Hund seinen Anfall auf dem Hundeplatz bekommen oder sonst in einer Situation, in der fremde Hunde dabei sind, sollte man ihn aus der Situation heraustragen. Oder die anderen Hunde wegbringen. Wilde Caniden fallen gewöhnlich über krampfende Artgenossen her, und es kann auch vorkommen, daß ihre haushundlichen Nachfahren auf einen Hund im Krampf losgehen. Von eventuell vorhandenen Zweithunden habe ich das noch nicht gehört, bei mir passiert da auch nichts, aber auch hier ist es besser, dafür zu sorgen, daß der andere Hund den krampfenden Border während des Anfalls in Ruhe läßt.
Sehr wichtig ist auch, daß man die Rufnummern des behandelnden Tierarztes und des eventuell vorhandenen tierärztlichen Notdienstes immer in Reichweite hat, ebenso das Telefon oder ein Handy. Für den Fall, daß der Krampf länger als üblich dauert oder extrem schwer wird. Dann sollte man auf jeden Fall tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Besonders bei leichteren Anfällen ist der Border recht schnell wieder ganz normal nach dieser Attacke, aber wenn der Krampf heftiger war, kann es auch sein, daß er noch länger ausruhen will. Das sollte man ihn dann auch tun lassen.
Es kann sein, daß der Border beim Anfall erbricht. Auch damit muß man ggf. rechnen. Nicht schimpfen, einfach stillschweigend beseitigen, wenn der Anfall vorüber ist. Der Hund kann nichts dafür. Auch nicht, falls er die Kontrolle über Blase oder Darm verlieren sollte (bei meinem Hund kommt Erbrechen ab und zu bei Anfällen vor, gepinkelt oder gekotet hat er noch nie während eines Anfalls).
Da die Anfälle auch nicht Rücksicht darauf nehmen, ob Besuch zu Hause da ist oder ob man mit anderen Hundebesitzern unterwegs ist, sollte man auch nicht zu verschwiegen sein über die Erkrankung. Es ist besser, andere rechtzeitig zu informieren, damit auch diese sich während eines eventuellen Anfalls richtig verhalten. Auch der Besuch sollte nicht in Panik ausbrechen. Mein Hund hatte schon zweimal einen Anfall, während Besuch da war, und ich bin froh, daß dieser immer richtig reagiert – es wissen auch alle Bescheid, die zu mir kommen. Man muß allerdings auch damit leben, daß es Leute gibt, die dann nicht mehr kommen wollen, oder auch andere Hundebesitzer, die mißtrauisch fragen, ob das ansteckend sei…
Zur weiteren Vorsichtsmaßnahme habe ich meinem Hund eine Plakette gravieren lassen, auf der nicht nur meine Handynummer steht, sondern auch der Hinweis darauf, daß er diese Krampfanfälle hat. Außerdem nehme ich immer ein Erste-Hilfe-Paket zum Gassigehen mit. In dieses kann man dann auch die Zäpfchen packen, die man evtl. dem Hund gibt. Ein Handy dabei zu haben für den Notfall ist auch ein absolutes Muß.
Also, das oberste Gebot lautet: Ruhe bewahren! Egal, wie schlimm der Anfall aussehen mag. Und das zweite: gute Vorbereitung. Es ist ungeschickt, wenn man erst während eines Anfalls nach dem Telefonbuch suchen oder den Besuch aufklären muß, was da gerade abläuft. Man sollte soweit alles im klaren haben (wenn man weiß, daß der Hund diese Anfälle hat oder möglicherweise hat), daß man während des Anfalls ganz für den Hund da sein kann.
Am Donnerstag,26.2.10 hatte mein 10-monatiger Borderrüde wohl seinen ersten Anfall. Er kam plötzlich mit eingezogener Rute, den Kopf starr gesenkt ,Würgereizen mit Speicheln, schmiegte sich an meine Beine und zitterte. Wollte schon zum Tierarzt. Weil dann wieder alles gut war, bin ich nicht hin. Das Gleiche passierte heute morgen. Und als er laufen wollte, kippte er fast nach links um. Habe ihn dann mit aufs Bett genommen, damit er sich ausruht. Ich bin verzweifelt, was soll ich tun? Hat er CECS? Wie sieht das Notfallpaket aus?
Hallo iagatha,
ich kann nachvollziehen, wie es Ihnen geht.
Auch ich bin mir nicht ganz sicher, was mit unserem BT los war. (siehe unter „unsere Geschichte“ vom 10. Februar 2010).
Ich besitze die „offene Liste“, die bis mitte 2008 geführt wurde – über diese konnte ich nachforschen wie weit er vorbelastet ist. (Ahnetafel)
Ich wurde bis zu seinen Urgroßeltern fündig, die als Überträger in Frage kommen können.
Ich hoffe nun, dass er kein Träger ist – bzw., dass er keine Anfälle bekommt.
Eine Halbschwester von Ihm (gleicher Vater) hat seit drei Jahren schon Krampfanfälle.
Für eine starke Unterfunktion der Schilddrüse bekommt er seit einem Jahr L-Thyroxin.
Wir haben am 31.08.2009 ein Herzultraschall, ein Ultraschall der Leber und der Schilddrüse machen lassen sowie div. Blutuntersuchungen. (ohne Befund – Blutwerte sind ok.)
Am 22.02.2010 haben wir Max kastrieren lassen, da er unter seiner Hypersexualität sehr gelitten hat. Es könnte auch sein, dass er hormonell bedingt seinen ersten „Anfall“ hatte.
Nun müssen wir abwarten und hoffen, dass kein weiterer „Anfall“ mehr kommt.
Ich wünsche Ihnen und der Fellnase alles Gute.
Gruß Heidi
Ich habe über die letzte Frage nachgegrübelt, was Sie damit meinen könnten. Falls Sie das Erste-Hilfe-Paket meinen, das ich habe, dann ist der Inhalt der folgende:
Wundkompressen und Verbandspäckchen, Fixierbinde, Heftpflaster, Pinzette, Tupfer, Handschuhe, Maulschlaufe, Kamm, Zeckenzange, Pfotenschutz, Buscopan-Zäpfchen, Taschentücher. Das meiste davon ist für jeden Hund sinnvoll, hat nichts mit den Anfällen zu tun, sondern damit, daß der Hund sich beim Gassigehen verletzen kann und dergleichen mehr. Es ist immer gut, gerüstet zu sein. Ich hatte früher noch kein solches Paket, dann hat sich Jaro mal bös an der Pfote verletzt, das blutete verrückt (mußten damit nachher auch zum Tierarzt). Und ich hatte nichts dabei, um da zu helfen. Mußte den schweren Hund nach Hause tragen. Das hat mir schon damals gezeigt, daß es absolut Sinn macht, ein Erste-Hilfe-Paket mitzutragen. Das wiegt ja auch nicht schwer.
Wäre für Krampfanfälle eigentlich noch zu jung!
Bitte keine Panik, abwarten!
Meine Hündin hat schon fast 6 Jahre Krampfanfälle. So hat keiner bisher ausgesehen!
Meine Hündin ist vor jedem Anfall und nach jedem Anfall ganz normal. Hatte sogar schon einen beim Spielen mit anderen Hunden einen Anfall. Lief hinter einem Wippet her – bekam ihren Anfall – Anfall vorbei uns es ging weiter.
Zunächst mal willkommen hier. Ja, das verstehe ich, daß man verzweifelt ist, wenn man so etwas miterlebt. Das ging mir genauso. Auf jeden Fall sollten Sie zunächst mal zu einem Tierarzt gehen. Auch wenn er gerade keinen Anfall hat. Krampfanfälle können verschiedene Ursachen haben, von daher wäre es wichtig, daß ein Tierarzt Ihren Hund mal durchcheckt. Blut abnimmt und überprüft, wie es mit den inneren Organen aussieht (mein Tierarzt hat meinen Hund geröntgt, um zu sehen, ob die Leber eventuell verändert ist usw).
Von großer Hilfe wäre es auch, wenn Sie einen seiner Anfälle mit einer Digitalkamera mit Videofunktion oder einer Videokamera aufnehmen und dem Tierarzt dann zeigen könnten.
Das wären die ersten Schritte, die Sie jetzt unternehmen sollten. Man kann dann erst weiter überlegen, wenn Ihr Border tierärztlich untersucht wurde. Weil es eben unterschiedliche Ursachen geben kann, und um CECS zu vermuten, müssen erst andere Ursachen ausgeschlossen werden. Das ist auch wichtig für die Behandlung, die ist je nach Ursache ja unterschiedlich.
Bitte melden Sie sich wieder, wenn Sie noch mehr Fragen haben oder auch wenn Sie mit Ihrem Hund beim Tierarzt waren.
Alles Gute für Ihren Hund und für Sie!
Hallo, kann es sein das auch andere Rassen von CECS betroffen sind?
Ich habe einen Collie, der genau dieselben verlaufenden Krampfanfälle hat, wie sie hier beschrieben sind.
Wäre für eine Nachricht sehr dankbar.
Vielen Dank, moni mit Collie Rüde Aslan
Das ist schwierig zu beantworten. Manche sagen, das kommt überall vor, andere sagen, das kommt nur beim Border Terrier vor. Sicher ist, daß es ähnliche Krampfanfälle auch bei anderen Rassen gibt, so z.B. die Norwich Cramps beim Norwich Terrier, die ähnlich wie CECS sind. Ob die genetische Grundlage dieselbe ist, kann man aber noch nicht sagen, weil man weder für CECS noch für die Norwich Cramps noch für andere ähnliche Krampfanfälle bisher die genetischen Veränderungen gefunden hat.
Es ist auch bei Epilepsie so, daß die Erkrankung bei verschiedenen Rassen unterschiedliche genetische Grundlagen haben kann (die man übrigens auch unterschiedlichen Epilepsien beim Menschen zuordnen kann). Es ist also möglich, daß diese Art von Krampfanfällen wie CECS ähnlich ist bei verschiedenen Rassen, aber eine unterschiedliche genetische Ursache hat. Möglich ist aber auch eine gleiche genetische Ursache. Wie gesagt, soweit ist man in der Forschung noch nicht, daß man da definitiv etwas sagen könnte.